Stellen Sie sich vor, Sie sitzen auf der Terrasse eines gediegenen Wellnesshotels in den Alpen, die Sonne strahlt, der Bach plätschert, und Sie wollen in Ruhe ein paar lange hinausgeschobene Briefschulden begleichen. Doch alle paar Minuten kommt jemand, begrüßt Sie, fragt etwas, erst der Kellner, dann eine lange nicht gesehene Freundin, dann der Sohnemann. So langsam kommen Sie sich fast vor wie in dem bekannten Loriot-Sketch: Der Gast, der eine Kalbshaxe verspeisen will und nicht dazu kommt, weil er ständig gefragt wird: „Schmeckt´s?“
Wie der Gast nicht zum Essen kommt, so können auch Sie Ihre Briefe nicht schreiben … und nicht viel anders geht es den Meisten heute Tag für Tag, in der Arbeitswelt wie im Privatleben. Sie können sich nicht mehr konzentrieren, weil sie ununterbrochen unterbrochen werden. Das Schlimme daran: Sie merken es gar nicht mehr, weil sie sich schleichend daran gewöhnt haben und es allen anderen ja genauso geht.
Muss das auf Dauer so bleiben? Nicht unbedingt. Denn es ist nicht so, dass wir den Zustand der Konzentration nur in Phasen höherer Erleuchtung erlangen – wir können ihn aktiv herstellen. Die gute Nachricht ist also: Konzentration ist machbar! Und es ist gar nicht so schwer, in den Zustand der Konzentration zu kommen – letztlich sind es nur zwei wichtige Voraussetzungen:
Schritt 1: Schaffen Sie einen Magneten
Eine Vielzahl von Dingen kämpft permanent um unsere Aufmerksamkeit. Sie schwirren um uns herum und versuchen, sich in Position zu bringen, um dem herumwandernden Geist ein Ziel zu geben. Dem muss aktiv etwas entgegengestellt werden – ein Ziel, das wie ein Magnet unsere Gedanken anzieht und sie gleichzeitig davon abhält, auf der Suche nach anderen Reizen zerstreut umherzuwandern.
Dabei gilt: Je klarer definiert, je genauer das Bild von Ihrem Ziel ist, desto größer ist dessen Magnetkraft. Nehmen Sie sich z.B. ganz konkret vor: Montag, 9.00 – 10.30: 10 Kunden anrufen – und notieren Sie sich diese 10 Kunden auf einer Liste. Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie gegen 10.30 dann tatsächlich mit 8 Kunden telefoniert haben, ist hoch – wesentlich höher jedenfalls, als wenn ihn Ihrem Kalender nur ganz pauschal: Montag – Kundenpflege stünde.
Der Grund: Bilder haben auf unser Gehirn eine mindestens zehnfach stärkere Wirkung als Worte oder Begriffe. Sehr vereinfacht dargestellt, erzeugen Bilder im Gehirn Eiweißmoleküle, und das könnte man als eine Art Turbostoff für die Gehirnwellen bezeichnen. Ein klares Bild von dem, was ich erreichen will, ist wie ein Magnet für die geistigen Kräfte, und diese Magnetkraft ist es, die es uns ermöglicht, über einen längeren Zeitraum hinweg bei einer Sache zu bleiben.
Schritt 2: Störungen abblocken
Die zweite Voraussetzung für Konzentration ist heutzutage die wichtigste: Es geht darum, sämtliche Störungen und ablenkenden Reize auszuschließen, und zwar die äußeren (Kommunikationsmittel und Kollegen, um nur mal die wichtigsten zu nennen) genauso wie die inneren (Sorgen, Ängste, Tagträume). Der volkswirtschaftliche Schaden durch Unterbrechungen am Arbeitsplatz beträgt allein in Deutschland jährlich rund 100 Milliarden Euro. Vergleicht man den Einfluss von Unterbrechungen auf das Arbeitsergebnis mit der Wirkung von Drogen, dann würde man wohl kaum darauf kommen, dass Unterbrechungen für die Arbeit schädlicher sind als Marihuana. Genau zu diesem Ergebnis führte aber ein Experiment am Londoner King´s College: Eine Gruppe, der man Marihuana verabreichte, schnitt bei mittelschweren Aufgaben besser ab als die nüchterne Gruppe, die aber dauernd unterbrochen wurde. Ohne diese Unterbrechungen waren sie der „Drogengruppe“ klar überlegen.
Konzentration erfordert also störungs- und unterbrechungsfreies Arbeiten. Das funktioniert nicht immer gleich gut, aber in beinahe allen Lebenssituationen gibt es die Möglichkeit, mal für ein oder zwei Stunden unerreichbar zu sein. Und dann gilt:
- Handy aus!
- Keine Emails und social media!
- Keine Störungen durch Kollegen, Freunde, Familie!
Probieren Sie es einfach mal aus – Sie werden überrascht sein, wie viel Sie in einer Stunde konzentrierter Arbeit erledigen können.